Infantile Zerebralparese / Spastik bei Kindern

Überblick

Die Bezeichnung leitet sich aus dem Lateinischen ab und bedeutet wörtlich übersetzt „kindliche Hirnlähmung“. Tatsächlich ist aber nicht das Denkorgan selbst gelähmt. Aufgrund einer Schädigung des sich noch entwickelnden Gehirns kommt es bei der infantilen Zerebralparese zu unterschiedlichen Störungsbildern. So kann der Patient etwa unter Muskelschwächen oder-lähmungen leiden, die in ihrer Stärke unterschiedlich ausgeprägt sind. Auch Haltungs-, Bewegungs- und Koordinationsstörungen können auftreten. Gemeinsam haben alle Störungsbilder, dass es zu einer frühen Schädigung, also während der Schwangerschaft, der Geburt oder innerhalb der ersten 28. Lebenstage (Neugeborenenphase), gekommen ist. Eine andere Bezeichnung ist „zerebrale Kinderlähmung“, obwohl die Erkrankung nichts gemein hat mit der Kinderlähmung (Poliomyelitis), die durch das Poliovirus ausgelöst wird. Durchgesetzt hat sich der Name „infantile Zerebralparese“, in der Fachsprache „infantile Cerebralparese“ geschrieben, abgekürzt ICP oder CP.1

Symptome

Bedingt durch die Schädigung des Gehirns, unserer Steuerzentrale, kann es zu vielen verschiedenen Symptomen kommen – in der Medizin spricht man dann von einem Syndrom. Eingeteilt wird die Erkrankung anhand der vorherrschenden motorischen Probleme. Die Spastik ist mit 90 Prozent am häufigsten, daneben können noch zwei andere Bewegungsstörungen in Form einer Dyskinesie (6 %) oder Ataxie (4 %) im Vordergrund stehen. Normalerweise schickt das zentrale Nervensystem ständig sowohl anregende als auch beruhigende Impulse an die Muskeln, um deren Spannung zu regulieren. Fehlen die beruhigenden Impulse, weil entsprechende Hirnareale geschädigt sind, verkrampfen sich die Muskeln und können nicht mehr bewusst entspannt werden. Häufig kommt es auch zur gleichzeitigen Anspannung von Muskeln mit gegensätzlichen Wirkungen (Beuger und Strecker = Agonisten und Antagonisten). Zielgerichtete Bewegungen werden damit eingeschränkt, genauso wie der Bewegungsumfang, das Gleichgewicht oder die Möglichkeit zu feinen Bewegungen. Typisch für die Spastik ist, dass sie bei schnellen Bewegungen zunimmt. Bestimmte Medikamente, wie Botulinumtoxin, können Hilfe bringen.2 3

Wie kommt es zu einer schlaffen Lähmung ? Ist der Teil des zentralen Nervensystems, der für die beruhigenden Impulse zuständig ist, nicht geschädigt, kommt es auch nicht zu einer Spastik. Die Haltungsmuskulatur übt dann allerdings ihre Funktion nicht mehr ausreichend aus, sodass diese Kinder z. B. Unterstützung beim Sitzen benötigen. Medizinisch spricht man von einer (Muskel-) Hypotonie, das bedeutet, dass die Muskeln zu schlaff, schlapp und kraftlos sind.

Neben der Spastik gibt es sogenannte dyskinetische und ataktische Bewegungsstörungen.

Bei der dyskinetischen Störung kommt es zu einer rasch wechselnden Muskelspannung. Dabei werden dystone und athetotische, unwillkürliche Bewegungsabläufe unterschieden. Im Gegensatz zur spastischen Parese sind die Bewegungen also nicht steif und vermindert, sondern eher übersteuert. Die Kinder können meist ihre Motorik nicht kontrollieren.2

Muster

Welche Körperteile sind von einer infantilen Zerebralparese betroffen?

Auch das ist von Kind zu Kind verschieden. Mittlerweile wird nur noch zwischen einseitigen (unilateralen) und beidseitigen (bilateralen) Bewegungsstörungen unterschieden. Ein großer Teil der spastisch gelähmten Kinder hat eine einseitige Störung, früher wurde auch von einer Halbseitenlähmung oder Hemiparese gesprochen. Das heißt, nur die linke oder rechte Körperhälfte ist betroffen, weil auch im Gehirn nur eine der beiden Gehirnhälften geschädigt ist. Diese Kinder haben bessere motorische Möglichkeiten und können später in der Regel frei laufen. Es können auch beide Körperhälften, also im Grunde genommen alle vier Extremitäten betroffen sein. Früher wurde dafür der Begriff der Tetraparese (vierfache Lähmung) benutzt. Eine Körperhälfte kann dabei schlechter beweglich sein, als die andere, insgesamt sind die motorischen Möglichkeiten damit schlechter und viele Kinder lernen es nicht frei zu laufen oder erst sehr spät. Im Gehirn findet sich die Schädigung auf beiden Hirnhälften, möglicherweise auf einer Seite schwerer als auf der anderen. Etwa ein Drittel aller Kinder mit ICP ist nicht gehfähig, somit lernen etwa zwei Drittel Gehen mit oder ohne Hilfsmittel.4

Auswirkungen

So unterschiedlich wie die Ursachen, so vielfältig ist auch das Krankheitsbild. Manchen Kindern ist ihre Behinderung kaum anzumerken. Sie hinken lediglich ein bisschen oder haben eine leichte Muskelschwäche. Andere sind auch mit Gehhilfen nie in der Lage zu laufen. Die Bandbreite reicht daher vom fast normalen Kind bis hin zum schwerst pflegedürftigen und mehrfachbehinderten. Wie sehr ein betroffenes Kind beeinträchtigt ist, hängt in erster Linie von der Lokalisation und dem Ausmaß der Hirnschädigung ab. Die Einschränkungen in der Grobmotorik werden durch das sogenannte GMFCS (Gross Motor Function Classification System) beschrieben. Vereinfachend kann man die Skala mit Schulnote 1 bis 5 vergleichen. GMFCS 1 bedeutet sehr gut laufen; 2 gut, mit gewissen Einschränkungen; 3 mit Hilfsmitteln; 4 Rollstuhlfahren und 5 ganz erhebliche Einschränkungen. Neben einer Bewertungsskala für die Motorik haben sich vergleichbare Bewertungen von 1 bis 5 für die Handmotorik (MACS= Manual Ability Classification System oder BMFM = Bimanual Fine Motor Function) und die Kommunikation (CFCS = Communication Function Classification System) etabliert. So wissen alle Beteiligten besser über die Einschränkungen und den Schweregrad Bescheid und können sich ein Bild machen.2 3 4

Behandlungsmöglichkeit

Die Behandlung der ICP ruht auf drei Säulen:

  • den therapeutischen Maßnahmen, wie Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie, Hör- und Sehtraining und orthopädischen Hilfsmitteln,
  • der medikamentösen Therapie,
  • den operativen Eingriffen.

1. Delgado MR, Albright AL. Movement disorders in children: defi nitions, classifi cations, and grading systems. J Child Neurol. 2003;18(suppl 1):S1–S8

2. https://www.ninds.nih.gov/Disorders/All-Disorders/Cerebral-Palsy-Information-Page

3.Susan M Reid 2010 Developmental Medicine & Child Neurology

4. Yokochi K, Hosoe A, Shimabukuro S, Kodama K. Gross motor patterns in children with cerebral palsy and spastic diplegia. Pediatr Neurol. 1990;6(4):245‐250. doi:10.1016/0887-8994(90)90115-h

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